Körper – Bio-Macht und die Kontrolle des Staates
Ein primärer Aspekt der Bio-Macht ist die Normierung des Körpers. Gesundheitsstandards, Bildungsstandards, usw. werden vom Staat vorgegeben, sodass sie als Richtlinie für die Gesellschaft dienen. Die Disziplin des Subjekts besteht nun
darin, sich an diesen Vorgaben zu orientieren. Im besten Fall überschneidet sich dann die Vorstellung des Individuums mit der des Staates. Damit wird gewährleistet, dass die Ressource Körper zur Optimierung des Staates beiträgt. Zur
effizienten Leistungssteigerung des Staates wird jedem Körper ein Platz in der Gesellschaft zugewiesen, sodass Begabungen und Talente so wirkungsvoll wie möglich ausgeschöpft werden. Die Steigerung seiner Nützlichkeit und Tatkraft ist
das Primärziel zum Erhalt der Gesellschaft.
Regeln, Gesetze und Institutionen bilden die Struktur für die Bevölkerung. Diese Struktur soll die Verbesserung der Lebensumstände der Subjekte garantieren. Optimierte Lebensumstände wiederum erhöhen die Prosperität des Staates.
Die Bio-Macht ist eine Verhaltenskontrolltechnik, die sich wie ein Geflecht um den gesellschaftlichen Körper hüllt. Macht projiziert und manifestiert sich auf den menschlichen Köper, der dem Staat untertan ist.
Raum – Defensive Architektur
Im öffentlichen Raum stoßen wir auf Architektur und Objekte, die auf schonungsloser bis hin zu subtiler Art und Weise versucht das Verhalten der Personen und Gruppen zu reglementieren. Die eigentliche Funktion von defensiver
Architektur besteht in der Prävention von Straftaten (Ansammlung von Müll, herumlungern) und dem Schutz von Plätzen und Gebäuden.
Defensive Architektur grenzt den Raum in öffentliche und private Bereiche ab. Dabei entstehen Bereiche die der Bevölkerung zugänglich und nutzbar gemacht werden. Zu beobachten ist jedoch, dass sich diese Plätze stark von einladenden
Ruheplätzen unterscheiden. Das Individuum wird dort nur geduldet. Ein längerer Aufenthalt ist nicht erwünscht. Allein die äußere Gestalt der Objekte verdeutlicht diesen Umstand allerdings nicht immer. Es gibt Objekte, die klar und
deutlich vermitteln, dass man an dieser Stelle nicht erwünscht ist. Spitze Stacheln aus Metall, Poller aus Beton oder kantige Steine gehören zu weniger subtilen Mitteln, die die Anwesenheit von Personen stören wollen.
Auf der anderen Seite gibt es so kreativ gestaltete Bänke, die nur die Funktion der Sitzgelegenheit erfüllen. Das längere Verweilen oder das nächtliche Übernachten ist nicht mehr möglich. Dem Bürger wird es so gut wie unmöglich
gemacht eine komfortable Liegeposition darauf einzunehmen. Diese Unorte haben meist nur eine Funktion: Verdrängung und Ausschließung.
Die Gesellschaft präsentiert sich gerne als offen und großzügig. Dabei führen Poller, Dornen und Mauern zu defensiven, geschlossenen Plätze. Sie formen ein Stadtbild, dass feindlich seinen Bewohnern gegenüber ist. Auch wenn der
Gestaltung auf formaler Ebene eine effiziente Funktion nicht abzusprechen ist, ist der Sinn und Zweck moralisch fragwürdig. Randgruppen werden nicht geduldet. Der öffentliche Platz verkommt zur trostlosen Schutzzone und Probleme werden
nur verlagert.
Körper – Gefangenschaft
Zwei bis zwölf Quadratmeter. 5,4m2 schreibt das Internationale Komitee vom Roten Kreuz als Mindestgröße vor. Ein Fenster, das einen Blick auf die äußere Umgebung gewährt, sollte etwa so groß sein wie 10 % der Bodenfläche. Das Leben eines Menschen, dem die Freiheit entzogen wurde, findet im Wesentlichen in diesem vorgegebenen Raum statt. Die Zellen reihen sich aneinander, werden in Trakte unterteilt, um Insassen zu differenzieren und effizienter zu koordinieren. Dieser Gebäudekomplex dient der Sicherung der Häftlinge.
Körper – Hikikomori
Hikikomori ist die japanische Bezeichnung für das Phänomen sowie eine Bezeichnung für eine Person, die in sozialen Rückzug lebt, sich komplett von der Gesellschaft abschirmt. Mehr als eine Million Menschen leben in Japan zurückgezogen. Dabei ist es kein Phänomen, dass sich nur auf Japan beschränkt. Immer größere Anteile westlicher Bevölkerung zeigen ähnliche Symptome einer sozialen Isolation. Die Ursachen für den gesellschaftlichen Rückzug und dem selbstgewählten Einsiedlerleben sind meist Leistungsdruck, Versagensängste, Arbeitslosigkeit und damit einhergehend psychische Erkrankungen. Das soziophobe Verhalten äußert sich durch eine Furcht vor der Außenwelt und führt zu Depressionen und zu vollkommener Isolation. Oft beginnt der Rückzug schon früh. Der Druck in der Schule wird zu groß, woraufhin sich viele Betroffene schon in der Jugend einschließen und sich in ihr Zimmer zurückziehen. Der Kontakt beschränkt sich nur noch auf das Allernötigste. Dabei sind Betroffene auf familiäre oder elterliche Hilfe und Unterstützung angewiesen. Hikikomori können sich kein eigenes Leben aufbauen, sind abhängig von anderen. Je älter die Versorger werden, desto schwieriger wird es für die Betroffenen sich aufs dieser Situation zu befreien. Gesellschaftlich und sozial weichen Hikikomori von der Norm ab; sie verfallen in einen Stillstand.
Körper – Gefangenschaft
Zwei bis zwölf Quadratmeter. 5,4m2 schreibt das Internationale Komitee vom Roten Kreuz als Mindestgröße vor. Ein Fenster, das einen Blick auf die äußere Umgebung gewährt, sollte etwa so groß sein wie 10 % der Bodenfläche. Das Leben eines Menschen, dem die Freiheit entzogen wurde, findet im Wesentlichen in diesem vorgegebenen Raum statt. Die Zellen reihen sich aneinander, werden in Trakte unterteilt, um Insassen zu differenzieren und effizienter zu koordinieren. Dieser Gebäudekomplex dient der Sicherung der Häftlinge. Die Methoden der Einsperrung und der Zucht haben sich im Laufe der Jahrhunderte geändert. Das Strafwesen wurde zunehmend humanisiert. Betrachtet man die Ausmaße einer Gefängniszelle, sowie deren Ausstattung und Instandhaltung lässt sich oft der Wohlstand, die Regierungsform und der Umgang mit seiner Bevölkerung an einem Staat ablesen. Entweder ist das Gefängnis ein Instrument um Personen, die Straftaten begangen und Gesetze missachtet haben, einzusperren oder ein Ort der Resozialisierung, der Insassen umerzieht, um sie nach der Entlassung wieder in die Gesellschaft einzugliedern. Die Strafen sind individualisiert.
Raum – Tiny Houses
Die Tiny House oder auch Micro Homes Bewegung zeichnet sich durch eine bescheidene Wohnfläche aus, die Platz zum Leben bietet. Dieser Funktionalismus fußt auf dem Gedanken der Selbstreduzierung, einem einfachen Leben und einem minimalistischen, nachhaltigen Lebensstil. Oftmals zeichnet sich das Wohnkonzept durch einen exklusiven Baustil aus. Auf einer Wohnfläche von circa 10m2 bis 60m2 muss eine Einrichtung von Küche bis Bad untergebracht werden. Mit geringeren Bau- und Nebenkosten im Vergleich zu herkömmlichen Häusern soll die urbane Raumnutzung maximiert werden.
Raum – Reisefreiheit
Die abgesteckten territorialen Grenzen der Erde gelten nicht für jeden gleichermaßen. Der deutsche Reisepass gewährt seinen Besitzern das Visa-freie Reisen in 95 Nationen, wohingegen ein Staatsbürger aus Afghanistan nur drei Länder Visa-frei bereisen darf. Das Reisepass-System gibt erheblichen Aufschluss über den Wohlstand eines Landes. Die Visa-Anforderungen sind ein Ausdruck der Beziehungen zwischen Nationen und spiegeln gleichzeitig den Status in der Staatengemeinschaft wider. Das Reisen ist für Europäer selbstverständlich, für viele Staatsbürger aus arabischen Ländern bleiben die Grenzen geschlossen.
Raum – Physische Grenzräume
Wände, Mauern, Zäune, Wälle, Barrieren. Physische, materielle Elemente die ein Territorium ein- und abgrenzen. Nicht allein die materiellen Ausmaße der Objekte gibt dem Subjekt klar zu erkennen wo etwas anfängt und wo etwas endet. Die Objekte entwickeln meist eine symbolische Kraft, die auch bei politischer, militärischer Bedeutungslosigkeit oder Zerfall eine Erinnerungsfunktion beibehalten. Territoriale Grenzlinien markieren die Umgebung durch Objekte wie Mauern oder Zäune, einschüchternde Wachtürme, bewaffnete Grenzposten oder Grenzhunde, die Eindringlinge oder Flüchtige aufspüren und im Extremfall beseitigen. Das primäre Ziel von räumlichen Trennungen und Begrenzungen ist der Schutz vor äußeren Gefahren und Bedrohungen (Schutz vor der Exosphäre) sowie die Sicherung der Personen im Inneren (Sicherung der Endosphäre). Diese Schutzzonen führen zu Machtkonzentrationen. Die Außensicherung und Innensicherung in politischer, ökonomischer oder religiöser Hinsicht wird zum Status Quo. Die territoriale Grenze kann im Inneren selbst elementare Grenzen erzeugen. Abgrenzung von Mann und Frau, frei und unfrei, die soziale Teilung in Familie, Gemeinde, Dorf, Stadt, etc. führt zur Bildung von Gruppen und Gemeinschaften und damit zu Zuordnung und Abgrenzung zugleich.
Körper – Überwachung
Panopticon-Das Konzept des panoptischen Gefängnisses ist ein Programm zur ständigen Kontrolle. Inmitten eines kreisförmig angelegten Zellentraktes steht ein Aufsichtsturm, besetzt mit Wachen. Jede Zelle ist von diesem Punkt aus einsehbar. Allein die Existenz des Wachturms bereitet ein Gefühl vollkommener und permanenter Beobachtung.
Raum – Minimalismus
In der Architektur oder der Kunst steht der Minimalismus für Formreinheit und ästhetische Reduktion.
Die Reduzierung der äußeren Gestalt führt zu Klarheit und zur Abkehr individueller Merkmale. Im Design rückt die Funktionalität in den Vordergrund. In der Kunst verändert sich die Wahrnehmungsdimension. Der Rezipient tritt mit dem
Kunstwerk im dargestellten Raum in Beziehung.
Abseits von Architektur und Kunst definiert sich der Minimalismus durch eine eingeschränkte Lebensweise. Die Einschränkungen bieten im Idealfall einen Mehrwert hinsichtlich eines entschlackten, vereinfachten Lebensstils, frei nach dem
Mott "weniger ist mehr". Im Sinne der Nachhaltigkeit und entgegen einem Konsum-orientierten Lebensstils werden Handlungen und Besitztümer infrage gestellt und dementsprechend reguliert..
Raum – Physische Grenzräume
Unbuilding Walls - Unbuilding Walls ist eine Ausstellung, die auf der 16. internationalen Architekturausstellung 2018 in Venedig im deutschen Pavillon präsentiert wurde. Die Ausstellung thematisiert anhand inszenierter Mauerstrukturen und Videoinstallationen die Auswirkungen und Nachwirkungen räumlicher Grenzen. Der Prozess der Teilung und Wiederherstellung werden durch vergangene und existierende Mauern sichtbar.